Als der Klinik dann die finanziellen Mittel gekürzt werden sollten, war die passende Gelegenheit für sie gekommen für einen würdevollen Abgang aus Medea. Ihre Sachen waren schnell gepackt und im August 2010 kehrte sie endlich wieder nach Frederikshavn zurück. Es sollte in Neubeginn in einer vertrauten Umgebung werden. Den Kontakt zu ihren Freunden aus Studienzeiten hatte sie über die Jahre nur sehr sporadisch gehalten. Umso mehr war sie überrascht, als sie hörte, dass Lyra Mutter geworden war.
Sie besuchte sie noch im Krankenhaus und Lyras Art gab ihr gleich das Gefühl nie weg gewesen zu sein. Dass sie Per jedoch auch gleich über den Weg lief, trübte ihre Rückkehr ein wenig. Er schien noch genau derselbe oberflächliche Kerl, wie zu Studienzeiten, zu sein.
Anstatt im Krankenhaus anzufangen, sprang Kate als
Vertretung für Lyra in deren Gemeinschaftspraxis ein. Anfangs hatte sie ernsthafte Bedenken, ob es so eine gute Idee wäre mit Per zusammen zu arbeiten, doch diese stellten sich ziemlich schnell als unbegründet heraus.
Zu ihrer Überraschung verbrachte Kate sehr viel Zeit mit Per, auch außerhalb der Praxis und lernte ihn so zum ersten Mal wirklich besser kennen. Sie entdeckte neue Seiten an ihm, die so ganz und gar nicht in das bisherige Bild passten, das sie von ihm hatte. Doch oft konnte sie nicht so ganz einschätzen, ob er sie bloß neckte, oder doch ernst meinte, was er sagte. Insgeheim hatte sie den Verdacht, dass sie sich da des Öfteren ganz schön zum Affen machte, wenn sie ernst nahm, was vielleicht doch nur als Spaß gedacht war.
Auch mit Lyra verbrachte sie viel Zeit, wenn auch nicht ganz so viel wie sie gerne mochte. Als sie Lyra aber fragte, ob sie Finjas Taufpatin werden wolle, sagte sie ohne weitere bedenken zu. Denn Finja war sie schon verfallen als sie den kleinen Engel zum ersten Mal in den Armen gehalten hat.
Obwohl Frederikshavn ein Neubeginn für Kate sein sollte, verfiel sie schon bald wieder in alte Verhaltensmuster. Sie machte sich immer wieder Sorgen darüber, dass sie Lyra oder Per zur Last fallen könnte, weil sie doch so viel Zeit mit ihnen verbringt. Dieses Gefühl verstärkte sich noch, als sie unabsichtlich ein
Gespräch zwischen Lyra und Per hörte, als diese ihm ihr Leid darüber klagte, dass Kate plötzlich überall war, wo früher ihr Platz gewesen ist. Aber auch Pers Verhalten machte sie stutzig. Es schien so widersprüchlich zu dem zu sein, was er ihr sagte.
Kates Vorsatz öfter auch mal etwas allein zu unternehmen, ging gewaltig in die Hose. Sie wollte sich wieder im
Reiten versuchen, doch gleich bei ihrem ersten Ausritt fiel sie vom Pferd und wurde mit einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus eingeliefert. Während ihres ganzen
Krankenhausaufenthalts wich Per nicht von ihrer Seite und munterte sie immer wieder auf. Im Krankenhaus wurde Kate ihre Sehnsucht nach Per zum ersten Mal wirklich bewusst. Schon seit dem gemeinsamen Camping-Ausflug war da eine magische Anziehungskraft zwischen ihnen, doch erst im Krankenhaus trat erstmals der Wunsch bei ihm zu sein ganz deutlich in ihr Bewusstsein. Umso mehr fühlte sich Kate vor den Kopf gestoßen, als Per ihr mehr und mehr aus dem Weg ging, nicht auf Anrufe reagierte und auch sonst nur ganz kurz angebunden war und das obwohl er ihr gar nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Erst ein
Gespräch mit Lyra öffnete ihr die Augen, dass sie sich in Per verliebt hatte – entgegen all ihrer Vorsätze jemals wieder etwas mit einem Arbeitskollegen anzufangen.
Der
Versuch Per klarzumachen, dass er ihr nicht länger aus dem Weg gehen sollte und sie ihn als Freund vermisste, ging gewaltig in die Hose. Denn anstatt zumindest ihren Freund wieder zu bekommen, hatte sie nun auch keinen Job mehr.
Nachdem Per sie gefeuert hatte, fing sie an in der Notaufnahme im Frederikshavner Krankenhaus zu arbeiten. Doch schon bald stellte sich für Kate heraus, dass das überhaupt nicht das war, was sie wollte, da sie ihre Patienten gerne kennenlernte und nicht wie am Fließband abfertigen wollte.
Wie immer in solchen Situationen, wo in ihrem Leben gerade alles schief zu gehen schien, was nur schief gehen konnte, hatte sich ihre Mutter nun auch noch in den Kopf gesetzt Kate unter die Haube zu bringen und sie beschwatzt auf ein
Date zu gehen mit dem Sohn einer Freundin. Da Kate sich gegenüber ihrer Mutter schon immer schlecht durchsetzen konnte, ging sie also auf dieses arrangierte Date und natürlich lief ihr an diesem Abend Per über den Weg. Das Date selbst stand von Anfang an unter keinem guten Stern, doch als ihre Verabredung auch noch meinte zudringlich werden zu müssen, hatte er den Bogen weit überspannt.
Am Ende ging Kate an diesem Abend mit Per, der ihr Date verprügelt hatte,
nach Hause, nachdem sie die Kaution für ihn bei der Polizei hinterlegt hatte. Sie versorgte seine Verletzungen und endlich seit langem hatten sie wieder einmal Gelegenheit wirklich von Angesicht zu Angesicht miteinander zu reden. Als er ihr aber sagte, dass er von Lyra wüsste, dass sie ihn liebt, wäre ihr ein Erdloch zum Versinken viel lieber gewesen. Doch es ist an diesem Abend als Per ihr seine Liebe gesteht – etwas, das sie bis dahin für völlig unmöglich gehalten hatte.
Sie wollten es langsam angehen lassen mit ihrer Beziehung und hatten sich für den nächsten Abend zu einem ersten richtigen Date verabredet. Doch wie so oft, kam es ganz anders als erwartet. Kate arbeitete an dem Tag in der Notaufnahme als am Vormittag Per eingeliefert wurde, weil er in der Praxis zusammen gebrochen war. Seine Verletzungen von der Prügelei waren schlimmer als sie ohne medizinische Geräte feststellen hatte können und so verbrachte sie die nächsten Tage und Nächte an seinem
Krankenbett. Ihre Erleichterung war groß als Per nach zwei Operationen endlich die Augen öffnete und noch größer war sie, als er sich auch endlich wieder daran erinnerte, dass sie einander liebten.
Nach den
Weihnachtsfeiertagen, die Per und Kate gemeinsam verbrachten, ging es für Kate beruflich im Krankenhaus drunter und drüber, sodass sie kaum Zeit fand Per zu normalen Zeiten zu sehen. Ihre erste gemeinsame
Liebesnacht nahm eine traurige Wendung als Per einen Anruf aus dem Krankenhaus erhielt. Lyra und Finn waren tödlich verunglückt und von da an überschlugen sich die Ereignisse in ihrem Leben nur noch.
Per und Kate arbeiteten wieder gemeinsam in der Praxis, sie zogen zusammen, um sich besser um Finja kümmern zu können, gingen auf Haussuche und planten eine neue Praxis in Hasselmond gemeinsam mit William zu eröffnen. Dazu noch die Trauer über den Tod von Finn und Lyra, was ihnen nicht mehr viel Zeit für einander ließ.
Kate schien mit der neuen Situation nach außen hin gut klar zu kommen. Doch sie wurde das Gefühl nicht los, dass sich Per immer weiter von ihr entfernte, je schneller ihre Beziehungsachterbahn hinab stürzte. Sie versuchte ihm so viel Freiraum wie möglich zu lassen. Doch als er Finja und sie tatsächlich für ein paar Tage
allein ließ ohne zu sagen, wohin und für wie lange, erschütterte das ihr Vertrauen zu ihm in den Grundfesten und sie wusste noch weniger als vorher, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Es wollte nicht in ihren Kopf wie diese paar Tage, die er allein war, plötzlich seine Sicht auf ihr gemeinsames Leben so grundlegend verändert haben sollen. Er erzählte ihr auch nicht viel darüber, im Grunde gar nichts. Er war weg, nun war er wieder
da und alles ging seinen gewohnten Gang. Praxis, Haus und Garten, Finja und die gemeinsamen Augenblicken, die nur Per und Kate gehören. Diese Momente geben ihr Kraft und Zuversicht, dass sie alles auf die Reihe bekommen werden. Aber auch jetzt ist nicht alles eitel Wonne Sonnenschein. Per stößt sie immer mal wieder vor den Kopf, indem er sie einfach nicht an sich ran lässt und völlig abblockt. Sei es, wenn es um die Band geht oder wenn sie über weitere
Familienpläne oder einfach nur seine Entscheidung mit dem Trinken aufzuhören sprechen. Bisher hat Kate irgendwann immer aufgehört weiter zu fragen, was jedoch nicht bedeutet, dass das Thema damit für sie erledigt ist. Im Gegenteil, je
öfter das passiert, desto mehr Nahrung gibt es dem Gefühl der Verzweiflung, das in ihr anwächst und sie an allem zweifeln lässt.