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Liebe Besucher,
das Projekt Kongeriget Lillemark hat nun nach 3 1/2 Jahren sein Ende gefunden.
Wir bedanken uns bei allen Mitspielern, Gästen und Lesern und hoffen, euch anderweitig mal wieder zu sehen. ;)
Alles Gute!
Die Lillen
Eine Schneeflocke fiel genau auf Linneas Nase und zerschmolz zu einem winzigen Tropfen, der sich an ihrer Nasenspitze festklammerte und zu überlegen schien, ob er sich loslassen und zu Boden fallen oder doch ein Weilchen die Aussicht genießen sollte.
Linnea schaute aufwärts auf das Schild mit der Hausnummer über der Tür vor der sie stand. 28. Genauer Asterbrogatan 28. Wenn sie jetzt durch diese hohe, in verwittertem Braun düster ausschauende Holztür ginge, würde Linnea in ein neues Leben treten. Was sie wohl erwarten würde?
Der Schneeflockentropfen hatte inzwischen Gesellschaft bekommen und gemeinsam fiel es sich anscheinend leichter. Linnea bemerkte nicht, wie der Tropfen einen halben Augenblick später auf der steinernen Stufe unter der Tür zerbarst. Linnea spürte das gleiche mulmige Gefühl in der Magengegend wie damals, als sie in das Flugzeug nach Ivanograd stieg. Ihr fröstelte. Sie zog den Kragen ihrer Jacke enger und griff dann
entschlossen ihren Rucksack. Mir einem energischen Schwung warf sie ihn auf ihre Schulter und griff nach der Türklinke.
Das Treppenhaus war so düster wie die Tür. Linnea tastete nach dem Lichtschalter. Die Lampen gingen an und warfen ein trübgelbes Licht auf ausgetretene Holzstufen. Linnea schüttelte den Schnee von Schultern und Mütze und stapfte ein paar Mal auf, um auch ihre Stiefel leidlich schneefrei zu bekommen.
Vom ersten Schritt an begleitete die Treppe Linneas Weg hinauf in den vierten Stock mit vernehmlichen Knarren und Knarzen. In der vierten Etage angekommen wand Linnea sich der rechten Tür zu. Auf dem Klingelschild stand mit schwarzem Filzstift der Name Nordenskjöld. Linnea wusste, dass sich hinter diesem Familiennamen eine Studentin namens Nora verbarg, die ihr seit ihrem ersten Kontakt via Skype sympathisch war und die aller Wahrscheinlichkeit nach für die nächsten Jahre ihre WG mit Linnea teilen würde. Linnea hatte schon von Sneggorod aus mit ihr
Verbindung aufgenommen und schnell stand fest, dass Linnea zu Jahresbeginn bei Nora einziehen würde.
Heute Morgen im Zug hatte Linnea eine SMS bekommen, in der Nora ihr mitteilte, dass sie erst in etwa einer Woche zurück nach Frederikshavn kommen würde. Und das Linnea den Wohnungsschlüssel unter dem Fußabtreter finden würde. Wie sinnig, dachte Linnea und bückte sich, um unter den Fußabtreter zu schauen. Wie versprochen fand sie dort einen Schlüssel, der in das Türschloss passte und sich dort leise knirschend drehen ließ.
Linnea öffnete die Tür und trat ein. Sie klickte den Lichtschalter um und schloß die Wohnungstür hinter sich. Dann schaute sie sich um. Ein gedielter Flur mit insgesamt vier Türen lag vor ihr. Ein paar Schuhe unter einigen Gaderobenhaken, ein alter Bücherschrank und zwei Zettel an je einer Tür waren das, was Linnea zuerst auffiel. Auf einem der Zettel stand „Deins!“, auf dem anderen „Meins!“. Linnea schmunzelte. Das passte zu Nora.
Linnea öffnete die Tür mit der Aufschrift „Deins!“ und betrat ihr künftiges Zimmer. Fast leer lag es vor ihr. Mit vier mal fünf Metern im Quadrat war es größer als ihr Zimmer in Njolvik. Zwei Fenster gingen hinaus auf die Asterbrogatan. Ein Bretterrahmen mit einer Matratze darin, ein Tisch, ein Stuhl. Linnea hatte gewusst, dass das Zimmer kaum eingerichtet sein würde, doch jetzt wirkte es erschreckend und abweisend. Linnea setzte den Rucksack auf den Fußboden. Sie nahm ihre Mütze ab und legte sie auf den Tisch. Jacke und Schal folgten. Kühl war es. Linnea drehte die Heizung auf. In ein paar Minuten würde es wärmer im Zimmer sein. Bis dahin wollte sie sich weiter umsehen.
Linnea ging zurück auf den Flur und zur ersten Tür am Ende des Flures, auf der kein Schild prangte. Sie öffnete die Tür und trat in das Bad der Wohnung. Sie öffnete die beiden Badschränke und fand einen davon leer. Anscheinend wäre das dann ihrer. Eine Dusche, WC … ein Bad eben. Die nächste Tür führte Linnea in die Küche. Herd, Spüle, Schrank, Tisch und zwei Stühle. Und eine Tür zum Balkon zum Hinterhof. Im Kühlschrank
Leere. Linnea würde sich also zuerst etwas zu essen besorgen müssen.
Sie ging zurück in ihr Zimmer und schaute aus einem der Fenster hinunter auf die verschneite Asterbrogatan. Ihr Blick wurde düster und angespannt. Was ihr die Zukunft hier wohl bringen würde?
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (5. Januar 2013, 10:07) aus folgendem Grund: Handlungen packt man der Unterscheidbarkeit halber in eine Handlungsbox damit sich dies deutlich von dem gesprochenen Wort unterscheidet. Du findest den Simulationsbutton als schwarzes Männchen oben in deinem Antwortfeld. ;) Gruß Bo
Linnea schrak aus ihren Tagträumen auf. Wenn sie heute noch etwas zu Essen kaufen wollte, musste sie sich langsam sputen. Während sie Schal, Jacke und Mütze anzog, fragte sie ihr Handy nach der nächsten Einkaufsmöglichkeit und wusste in Höhe der ersten Etage, dass sie etwa 7 Minuten bis zur nächsten MultiSell-Filiale brauchen würde.
Der Weg war weder lang noch – dank GPS - schwer zu finden und kurz darauf stand sie vor dem Eingang zum Discounter .
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (1. Januar 2013, 22:47)
Linnea schleppte ihre Einkaufstüte die vier Etagen hinauf und öffnete die Wohnungstür. Sie ging in die Küche und ließ die Tüte auf den Küchentisch fallen, bevor sie im Flur Jacke, Mütze, Schal und Stiefel an der Gaderobe ablegte. Nur auf Strümpfen ging sie zurück in die Küche und räumte ihren Einkauf in den Kühlschrank. Kurz schwankte sie zwischen der Packung Möhren und einer Tafel Nougat-Schokolade und ging dann mit letzterer zurück in ihr Zimmer. Auf dem Weg dorthin fischte sie noch ihr Handy aus der Jackentasche und während sie das erste Stück Schokolade in ihren Mund schob, schrieb sie eine SMS an Nora. Sie sei angekommen und alles sei Bestens und was denn die Kennung für das WLAN sei.
Beim nächsten Stück Schokolade wählte Linnea die Telefonnummer von zu hause. Zu hause? Hier war sie jetzt zu hause. Wherever I lean my head … Die Telefonnummer ihrer Eltern.
„Hej Ma!“
„Hej Lin, Liebes, wie geht es Dir?“
„Gut, Ma.“
„Gut?“
„Ja, Ma. Ich habe ein warmes und trockenes Zimmer. Es ist ein Bad da, eine Küche, ich habe etwas im Kühlschrank und alles ist gut, Ma.“
„Du klingst nicht so, Lin. Ist wirklich alles gut, Lin?“
„Ja, Ma. Grüß Papa und Fransi, ja?“
„Mach ich, Lin.“
„Schlaf gut, Ma!“
„Du auch, Kleines!“
Linnea legte das Handy zur Seite. Sie spürte das in ihr aufkommen, was sie den Tundra-Blues nannte. Und was wahrscheinlich dafür verantwortlich war, dass so viele Paläoarktiker zu Alkoholikern wurden. Hoffentlich würde sie dem widerstehen können.
Linnea aß das nächste Stück Schokolade. Gerade Neun, viel zu zeitig, um nichts mehr zu tun. Aber sie war wie gelähmt. Das Beste wäre wohl, zu Bett zu gehen. Nicht wirklich erschrocken aber verwundert bemerkte Linnea, dass sie keine Bettdecke und kein Kopfkissen hatte. Sie schmunzelte. Wie in der Tundra, dachte sie. Sie würde nicht frieren, es war warm im Zimmer. Das machte ihr keine Sorgen. Linnea zog ein Longshirt aus ihrem
Rucksack und stieg aus Jeans und Pullover. Nachdem sie das Shirt übergezogen hatte, nahm sie ihren Pullover, legte sich auf ihre Maratze und knüllte den Pullover unter ihrem Kopf zusammen. Ein Weilchen gingen ihr noch Gedanken an ihre Familie in Njolvik durch den Kopf. An Sneggorod. An die Tundra. Dann schlief sie ein.
Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (1. Januar 2013, 23:26)
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (2. Januar 2013, 00:44)
Am nächsten Morgen erwachte Linnea, immernoch ohne Decke, dafür mit einer Orthese am rechten Bein. Linnea humpelte unter die Dusche, heute mit Handtuch, und dann zurück in ihr Zimmer.
Mit Schrecken erinnerte sich Linnea an die gestrige Prozedur und die Verrenkungen beim Ausziehen ihrer Jeans. So entschied sie sich heute lieber für warme Strumpfhosen, die deutlich einfacher unter die Orthese zu ziehen waren. Darüber ein Pulli, ein Strickkleid und Linnea sah wieder so aus, dass sie hoffte, nicht jeder würde schreiend davonrennen. Ausser vielleicht die Kundinnen von LedouxMode. Linnea schmunzelte bei diesem Gedanken. Ok, sie würde auch lieber Designerklamotten tragen als Billigzeug von der Stange. Aber was nicht war, war eben nicht. Und schon der dazugehörige Kosmetikladen ging deutlich über Linneas Verhältnisse. Klar schminkte auch sie sich. Gern sogar. Aber dieses übertriebene Laufsteggehabe war nichts für sie.
Nach einem Glas Orangensaft und einer Schüssel Haferflocken als Frühstück zog Linnea sich ihre Jacke über, steckte ihren linken Fuß in einen Stiefel und nahm den Schlüssel, den sie gestern von Dr. Sundbergs Bruder bekommen hatte. Sie nahm noch ein paar Lillingscheine aus ihrem Rucksack und humpelte dann die Treppe hinunter. Eine Viertelstunde später stand sie an der Bushaltestelle, um zur Polizei in der Drottning Gatan zu fahren.
Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (3. Januar 2013, 10:24)
Als sie die Asterbrogatan erreichte, waren die Dächer der Autos mit einer kleinen, samtigweißen Schneeschicht überzogen. Linnea öffnete die Haustür und schaltete das Treppenlicht ein. Dann klackte sie die ersten Stufen zum Erdgeschoss hinauf. Sie wollte gerade den Briefkasten aufschließen, als neben ihr eine Tür aufging.
„Frau Lindström“?
Verwundert schaute Linnea sich um.
Eine, nunja, freundlich ausgedrückt „ältere Frau“ stand in der Wohnungstür.
„Ich habe zwei Pakete für Sie angenommen. Aber was ist denn mit ihrem Fuß geschehen? Haben sie sich schon in Frederikshavn eingelebt? Und Frau Nordenskjöld? Die habe ich ja schon ein paar Tage nicht mehr gesehen. Geht es ihr gut? Können Sie mit dem Ding da überhaupt laufen? Meine Freundin, Frau Bergman aus der 24, hatte letzten Sommer … nein vorletzten … oder war es doch letzten? … also die hatte eine Hüft-OP und so ein Ding eingesetzt bekommen. Die konnte dann wochenlang kaum laufen oder sitzen. Jetzt kommt sie wieder. Jeden Dienstag. Oder jeden zweiten. Ich gebe ihnen erst einmal das kleine Paket mit, ja? Moment.“
Mit diesen Worten verschwand die Frau für zwei Sekunden in ihre Wohnung und Linnea nutzte die Zeit, um auf das Klingelschild zu schauen. Soso, Frau Olsen also. Die kam auch gleich wieder und drückte Linnea ein Päckchen vom Ausmaß eines Stiefelkartons in die Hand.
„Das Große können sie nachher holen. Und ich koche inzwischen einen Tee für uns beide, ja?“
Zu schnell um Widerspruch zuzulassen verschwand Frau Olsen in ihrer Wohnung und schloss die Tür. Linnea drehte sich wieder zur Treppe um und ging hinauf in den vierten Stock.
Oben angekommen öffnete sie die Wohnungstür und trat in ihr Zimmer. Der Stiefel und die Orthese hinterließen dunkelnasse Flecken auf den Dielen. Linnea stellte das Paket auf den Tisch und den Rucksack daneben. Dann zog sie eine andere, dünnere Strumpfhose aus ihrem Reiserucksack und begann, ihre Orthese abzuschnallen. So vorsichtig wie möglich zog sie die nasse Strumpfhose von ihren Beinen und die Neue an. Dann schnallte sie die Orthese wieder an und ging hinunter zu Frau Olsen.
Frau Olsen öffnete die Tür als Linnea bei ihr klingelte und ließ sie hinein. Frau Olsen bat Linnea in die „gute Stube“ und bot ihr einen Platz auf einem mindestens 40 Jahre alten Sofa an. Das Sofa war von einer selbstgehäkelten Pachworkdecke bedeckt, gestickte Kissen, deren Muster zu dem Tischläufer passten, waren in den Ecken des Sofas drapiert. Ein Schrank, der aussah, als wäre er noch aus dem letzten Jahrhundert, bot Porzellansammeltassen den Blicken Linneas dar und auf dem Schrank tickte eine große Uhr die Sekunden.
Frau Olsen schenkte in die bereits bereitgestellten Tassen schwarzen Tee ein, bot Linnea ein Stück selbstgebackenen Streuselkuchen an und etwa eine Stunde später kannte Linnea sowohl Frau Olsens Lebensgeschichte als auch die Namen von mindestens 25 jetzigen oder ehemaligen Bewohnern der Asterbrogatan. Und sie wusste, dass es in einem seperaten Waschhaus auf dem Hinterhof die Waschmaschinen der Hausbewohner gab. Eine weitere Viertelstunde später kannte Frau Olsen Linneas Lebensgeschichte, oder zumindest das, was diese bereit war, den Bewohnern der Straße preiszugeben. Und als der Tee ausgetrunken und der Kuchen gegessen war, erhielt Linnea ihr zweites Paket und verabschiedete sich von Frau Olsen.
Wieder oben in ihrem Zimmer wuchtete sie auch dieses auf den Tisch in ihrem Zimmer und griff dann in eine Seitentasche ihres Reiserucksackes, um dort ein Klappmesser herauszuziehen. Sie öffnete es und trennte dann die Klebestreifen auf, die die Pakete zusammenhielten.
Das große Paket kannte sie, Linnea hatte es selbst gepackt. Das andere war ihr fremd. Im Gegensatz zu der Schrift, die ihre Adresse geschrieben hatte. Das Paket war von Linneas Mutter. Linnea öffnete es und es war, wie sie erwartet, befürchtet, gehofft hatte ein „Fresspaket“ ihrer besorgten Mutter. Linnea fand zwei Päckchen Kaffee, Schokolade, Dauerwurst, einen selbstgemachten kalten Hund nach dem Spezialrezept ihrer Mutter und ein paar Tüten mit Nüssen und Mandeln. Und ganz unten lag dann noch ein 50-Lillinge-Schein. Linnea lächelte. Ihre Mutter! Überfürsorglich, aber in diesem Augenblick liebte Linnea sie dafür.
Das zweite Paket enthielt einige Bücher, darunter den Ausstellungskatalog „Sokrovitzschui severje“, an dem sie in Sneggorod selbst mitgearbeitet hatte. Weiterhin waren dort einige Kleidungsstücke verpackt, ebenso wie etwa zwei Dutzend CD's. Linnea freute sich. Auch wenn sie noch keine Schränke oder Regale in ihrem Zimmer hatte, konnte sie jetzt etwas lesen oder Musik hören. Immerhin.
Dann nahm sie sich ihr Handy vor und als sie die SIM freigegeschaltet hatte, schrieb sie zwei SMS. Eine an ihre Eltern mit ihrer aktuellen Handynummer, eine an Nora, in der sie ihr zusätzlich noch mitteilte, dass Ihre Tasche und ihr Handy abhanden gekommen waren und sie bitte nochmals den Zugang zu WLAN der Wohnung bräuchte.
Dann ging sie in die Küche und kochte sich einen Tee. Gerade, als sie das heiße Wasser aufgoss, klingelte ihr Handy.
„Hej Lin!“
„Hej Ma! Danke für Dein Paket, Ma!“
„Ach was. Alles in Ordnung bei Dir, Lin? Wieso hast Du eine neue Nummer?“
„Ach Ma, ...“
Linnea begann von den unerfreulichen Geschehnissen der letzten Tage zu berichten.
„Oh Lin, was machst Du nur? Pass nur auf Dich auf! Und gerade jetzt!“
„Wieso gerade jetzt“
„Na siehst Du denn keine Nachrichten? Hast Du noch nicht mitbekommen was oben in den Norren los ist?“
„Ich habe keinen Fernseher, Ma. Was ist denn los?“
Linneas Mutter berichtete von dem Temperatursturz, den Schneemassen, den ersten Toten.
„Schneit es bei Euch schon, Lin? Hast Du genug anzuziehen? Essen? Heizung?“
„Ja Ma, ich habe alles was ich brauche. Wie geht es Euch?“
Linneas Mutter erzählte und erzählte und erzählte … Etwa 20 Minuten später beendete sie das Gespräch, weil Linneas Vater nach hause kam. Linnea war heilfroh darüber. Wie hätte sie ihrer Mutter sagen können, das nichts in Ordnung war? Keine warmen Sachen, keine Decken, kaum etwas zu essen im Hause. Nun, zwanzig Grad Minus … Eilig zog sich Linnea an. 20 Grad Minus? In Sneggorod hätten sich alle gefreut, dass der Frühling ausgebrochen ist. Aber hier Frederikshaven, nicht Sneggorod.
Eine Viertelstunde später stand Linnea, den leergeräumten Rucksack auf der Schulter, vor dem Discounter .
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (9. Januar 2013, 11:20)
Es war stockdunkel als Linnea aus dem Supermarkt auf die Straße trat. Eisiger Wind bliess ihr ins Gesicht und trieb winzige Splitter gefrohrenen Schnees in ihre Haut. Linnea zog sich ihren Schal über die Nase, senkte den Kopf und eilte so schnell sie konnte heim.
Sie war heilfroh, als sie die Haustür hinter sich schloß und dem Wind damit die Chance nahm, sie weiter zu drangsalieren. Zu hause!
Wieder öffnete sich die Tür zu Frau Olsens Wohnung. „Frau Lindström! Ohne richtige Schuhe durch diesen Schnee, das geht doch nicht! Sie holen sich ja den Tod! Sehen sie nur zu, dass sie schnell warme Füße bekommen, husch husch, hoch in ihre Wohnung! Aber, was mir noch einfällt! Sie sind doch erst seit ein paar Tagen hier. Aber einen Möbelwagen habe ich noch nicht gesehen. Haben sie auch alles, was sie brauchen? Ihre Vormieterin hat soviel wegfahren lassen. Sie müssen doch in einem ganz leeren Zimmer wohnen! Und das, wo es jetzt so kalt werden soll! Haben sie was sie brauchen? Genug zu essen? Ein warmes Bett und etwas, womit sie sich die Zeit vertreiben können? Rausgehen würde ich demnächst an Ihrer Stelle nicht mehr, so mit ihrem Fuß! So sagen sie doch, brauchen sie etwas?
Linnea druckste rum.
“Aber Kindchen! Selbstverständlich! Kommen Sie herein!“ Frau Olsen zog Linnea in den Flur und verschwand in ihrem Schlafzimmer. Zehn Sekunden später kam sie mit zwei wollenen Decken zurück. „Bitte! Und wehe Sie sagen mir nicht, wenn Sie noch etwas brauchen, ja? Und jetzt gehen Sie rasch hoch und in eine heiße Badewanne, sonst holen Sie sich ja noch den Rest! So ohne richtige Schuhe an einem Fuß.“ Frau Olsen schüttelte mißbilligend den Kopf und schob Linnea hinaus ins Treppenhaus. „Keine Widerrede! Ab in die Wanne!“
Linnea musste Lächeln. Sie freute sich riesig über die Decken! Und eine heiße Dusche war wirklich keine schlechte Idee.
Knapp eine halbe Stunde später stieg sie aus der dampfenden Dusche und rieb sich trocken. In allen Zimmern war die Heizung auf max gestellt und es war, wenn auch nicht unerträglich warm, so doch auf jeden Fall nicht kalt. Linnea hüllte sich in ein Badetuch und ging in die Küche, um den Wasserkocher anzustellen. Dann nahm sie eine Tasse aus dem Schrank, entschied sich für einen simplen Hagebuttentee und goß das heiße Wasser zu dem Tee in die Tasse. Die Tasse in der Hand ging sie dann in ihr Zimmer.
In ihrem Zimmer breitete sie eine der Decken auf ihrer Matratze aus, die andere legte sie darüber. Ihr Badehandtuch hatte sich bei diesen Hantierungen gelöst und war herabgerutscht. So zog Linnea einen Slip und ihr dickes Sleepshirt aus dem Reiserucksack und zog beides an. Das Handtuch brachte sie ins Bad und hängte es dort auf den lauwarmen Trockner.
Zurück in ihrem Zimmer setzte sie sich auf ihre Matratze und huschelte sich in die zweite Decke ein. Langsam nippte sie am heissen Tee und dachte darüber nach, in wie fern die These, dass Menschen soziale Wesen seien, richtig wäre.
Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (9. Januar 2013, 22:33)
Am nächsten Morgen fiel weißes Licht durch die Fenster von Linneas Zimmer. Der Himmel sah nach Schnee aus und auch auf den Fensterbrettern waren Schneehäufchen die Scheiben heraufgekrochen und bildeten jetzt einen fast halbmeterhohen Wall. Linnea stand auf und ging ans Fenster. Die Straße war unter einer kompakten Schneedecke verschwunden, aus der die Silhouetten der Autos wie kleine Hügel herausragten. Vor einem der Häuser gegenüber schob ein Mann den Gehweg frei. So tief, wie er seinen Graben durch den Schnee zog, musste es letzte Nacht mindestens 30 Zentimeter Neuschnee gegeben haben. Der Vendylsø und das nahe Meer machten das Klima Frederikshavns feucht und ein Kälteeinbruch letzte Nacht schien die Luft trocken gefroren zu haben.
Linnea ging in die Küche, setzte sich einen Kaffee an und kippte Haferflocken und Milch in eine Schüssel. Die Tür zum Balkon war ebenfalls verschneit. Nach dem Frühstück zog Linnea sich an und suchte sich einen Besen. Es war schon schwer geworden die Balkontür zu öffnen, da der Schnee mit seiner Masse diese bereits blockierte. Linnea trat in die eisige Morgenluft und kehrte den Schnee so gut es ging zur Seite. Nun, sie hatte keine Angst, dass sie irgendwann über den Balkon entkommen müsste, aber die eiserne Nanai-Regel sich nie einschneien zu lassen und alle Ausgänge offen zu halten war ihr in Fleisch und Blut übergegangen.
Fröstelnd ging Linnea zurück in die Küche und schloß die Balkontür hinter sich. Die Küche war deutlich kleiner als ihr Zimmer. Und eingerichtet. Und damit leichter warm zu bekommen als ihr karges Zimmer. So beschloss Linnea, in die Küche umzuziehen und sich dort einzurichten. Sie holte Laptop und Handy aus ihrem Zimmer, dazu ihre Bücher und CD's und packte alles auf den Küchentisch. Die Heizungen funktionierten noch einwandfrei und so setzte sie sich auf die Küchenbank und begann zu lesen.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (11. Januar 2013, 08:56)
Am nächsten Morgen erwachte Linnea vor Kälte mit einem Gefühl, als wolle sie jemand zerschneiden. Sie schleppte sich ins Bad und als sie unter die Dusche steigen wollte, kam nach einem kurzen, kalten Schwall kein Tropfen Wasser aus der Leitung. Fluchend trocknete sich Linnea ab und ging in die Küche. An der Spüle dort das Gleiche. Nach etwa einem Liter, der in einen Topf lief, den Linnea unter den Wasserhahn gestellt hatte, kam kein weiteres Wasser aus dem Wasserhahn. Linnea griff an die Heizung. Mit viel Phantasie lauwarm. In ihrem Zimmer das Gleiche. Also waren wohl die Leitungen eingefroren. Mahlzeit! Dass hiess, dass es ab jetzt lustig werden würde. Klar, in einem alten Haus wie diesem musste man mit so etwas rechnen. Und Linnea hatte ja damit gerechnet. Aber das es so schnell gehen würde?
Linnea zog sich an. Warm. Doppelt, nach Zwiebelschalenmethode. Dann ging sie wieder in die Küche. Der Strom kam noch und so kochte sie sich zuerst einen Kaffee. Dann stellte sie einen Edelstahltopf auf eine Heizplatte des Herdes und drehte die Platte an. Selbst wenn sie den Topf so ruinieren würde – lieber würde sie einen neuen kaufen, als nicht zu versuchen, so etwas Wärme in den Raum zu bekommen. Und der Topf würde die Wärme der Kochplatte besser abgeben, als die Platte selbst. Sie holte die beiden Eimer aus dem Bad und füllte sie mit Schnee vom Balkon, ebenso wie einen großen Topf. Zum Glück lag da draußen genügend Schnee, dass sie sich trotz eingefrorener Wasserleitungen vorerst keine Sorgen um Wasser machen musste. Im Bad stellte sie eine Kerze auf, um möglichst die Toilette vor dem Einfrieren zu bewahren.
Dann stellte sich Linnea auf die Waage. In voller Montur 61 Kilo. OK, mal sehen, wie sich das entwickeln würde. Sie hatte gelernt, dass die Gewichtsschwankungen in der Kälte erstaunlich sein konnten und sie hatte weder Lust fett noch zu klapperig zu werden.
Linnea ging zurück in die Küche, schaute, dass ihre Notheizung funktionierte und hing ihr Handy ans Ladegerät. Wer wusste, wie lange der Akku halten würde und ob es zu Stromausfällen kommen würde. Sicher war sicher.
Beim Anschließen bemerkte Linnea, dass sie eine SMS bekommen hatte. Von Nora. Sie schrieb, dass sie wegen der miserablen Verbindungen vorläufig nicht nach Frederikshavn kommen würde. Und sie gab Linnea die Kennung für das WLAN. Linnea jubelte innerlich. Jetzt hatte sie einen viel besseren Kontakt nach aussen. Sie setzte sich an den Küchentisch und fuhr den Laptop hoch. Dann schrieb sie zwei Mails. Die erste an ihren Vater, damit sich ihre Familie in Njolvik keine Sorgen um sie machte, die zweite an Nora. Dann legte sie eine CD ein und begann, im Internet nach den aktuellen Wetterprognosen zu suchen und die letzten Nachrichten zu lesen oder zu schauen.
Nach einer Weile fing sie sich einen Ohrwurm ein. Der CD-Player landete irgendwann bei Clouds an my tongue . „What all the girls here are freezing cold … I don't need much to keep me warm“ Sicher hatte Tori Amos etwas völlig anderes im Sinn, als sie das sang, aber es passte so gut zu Linneas Situation.
Mit rumsurfen verging so der Vormittag, unterbrochen nur davon, dass Linnea mit einem weiteren Topf immer mal wieder Schnee in die Eimer nachfüllte. Zu Mittag schnitt sie sich ein Stück Speck in eine Pfanne und briet sich die restlichen Möhren, bevor sie noch schlecht wurden. Dazu ein Tee mit Zitronensäure. Linnea ging es nicht schlecht, fand sie.
Dann kam die Antwortmail ihrer Eltern. Es ging allen gut, nur war fast der gesamte Verkehr lahmgelegt. Selbst auf dem Meer zeigten sich wiedereinmal Eisschollen. Linnea erinnerte sich, wie sie als Kinder in solchen Wintern manchmal in den wild übereinandergeschobenen Schollen gespielt hatten. Dann fiel ihr Frau Olsen ein. Linnea ging hinunter ins Erdgeschoss und klingelte bei ihr um zu fragen, wie es ihr ginge, ob sie noch Wasser hätte und ob sie Hilfe bräuchte. Frau Olsen versicherte, dass alles in bester Ordnung wäre und Linnea nötigte ihr das Versprechen ab, sich bei ihr zu melden, wenn sie etwas bräuchte und Linnea ihr helfen könne.
Wieder oben in ihrer Küche war es Linnea so warm, dass sie beschloss, die Herdplatte auf geringere Leistung zu stellen, so gut heizte ihr provisorischer Elektroofen. Dann setzte sie sich wieder an ihren Laptop.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Linnea Lindström« (12. Januar 2013, 09:51)
Die nächsten Tage vertröpfelten für Linnea in unbarmherziger Langeweile. Irgendwann konnte sie ihre Bücher nicht mehr sehen, die CD's waren ihr über und bei den Musikanbietern und Nachrichtenseiten im Internet war auch nichts Neues mehr zu finden. Einzige Abwechslung brachten ihre täglichen Besuche bei Frau Olsen, die auch in ihre Küche gezogen war und Linnea dort bei heißem Tee und Kuchen zu einem Schwatz empfing. Frau Olsens Vorräte an Backzutaten waren schier unerschöpflich, und als Linnea sie darauf ansprach, erzählte sie, dass ihr Mann, Gott hab' ihn seelig, früher die Bäckerei schräg gegenüber gehabt hatte und Backen ihr täglich Handwerk war. Dann machten vor dreißig Jahren die ersten Supermärkte auf, das Geschäft ging zurück und heute hatte die ehemalige Bäckerei ein vernageltes Schaufenster und einen verschlossenen Riegel vor der Tür. Bei dieser Erzählung schaute Linnea gedankenversunken aus Frau Olsens Stubenfenster auf die verzogenen Bretter auf der anderen Straßenseite und überlegte sich, eher scherzhaft, dass sie, wenn es mit dem Studium nicht klappen würde, es dort drüben Adrienne Monnier gleich tun und einen Buchladen eröffnen könnte. Aber sofort wischte sie diesen Gedanken wieder weg. Es würde klappen und Linnea würde irgendwann wieder in der Tundra sein und frei.
Frei. Nicht heraus zu können liess Linnea sich gefangen fühlen. Und letztlich war es ja auch wirklich so. Der Schnee, die Kälte und ihre dreimalverfluchte Orthese! Am liebsten hätte Linnea sie sich vom Fuß gerissen und an der Wand zerschlagen. Statt dessen begann sie, getrieben von der Langenweile, im Internet nach nahegelegenen Physiotherapien zu suchen. Sobald sie sich wieder heraus getrauen könnte, würde sie wohl dringend eine brauchen. Zwei Tage später kannte sich Linnea halbwegs in Frederikshavns Ärztewelt aus. Hatte sich für eine Physiotherapie entschieden, einen potentiellen Hausarzt, eine Gyn … nur der Schnee hinderte sie jetzt noch, loszugehen. Und die Orthese. Die Orthese ...
Inzwischen schrieb Linnea täglich mindestens zwei Mails an ihre Familie. Mutter freute es und Linnea konnte damit die Zeit totschlagen. In Njolvik war etwas schreckliches passiert. Asbjörn Gulbrandsen, der zehnjährige Sohn der Nachbarsfamilie war verschwunden. Keiner wusste wo er war und alle befürchteten das Schlimmste. Vater hatte einen enormen Umsatz an warmer Kleidung. Er meinte, er hätte bereits jetzt mit Winterkleidung 15 Prozent des üblichen Jahresumsatzes eingefahren. Für ihn war die Kälte ein Segen. Ob die Gulbrandsens das verstehen würden? Mit etwas Wehmut dachte Linnea an Asbjörns ältere Schwester Aino. Zwei Jahre älter als Linnea und mehr als einfach nur eine gute Freundin hatten sie eine Menge gemeinsamer Erinnerungen. Aino war jetzt in Astorien. Weit weg. Verdammt weit weg. Und an sie schrieb Linnea die nächste Mail.
Nora meinte, ihre Rückkehr nach Frederikshavn würde sich mindestens so lange verzögern, bis die Verkehrswege wieder sicher waren. Die Leute am Historischen Seminar wussten Bescheid und die Uni hatte sie freigestellt. Und sie schien sich ernsthaft Sorgen um Linnea zu machen. Süß! Immerhin meinte sie, Linnea könnte sich an allem was sie brauche in ihrem Zimmer bedienen. Nunja, vielleicht würde das zu gegebener Zeit hilfreich sein können.
Und weiter tröpfelte die Zeit wie Wasserperlen von einem Eiszapfen bei beginnendem Tauwetter. Tauwetter, auf das Linnea voller Sehnsucht wartete.
Lynn hat ihre WG im selben Haus. Sie ist in letzter Zeit auch viel alleine, jetzt wollte sie sich einen heißen Tee machen aber den mag sie nur mit Zucker. Sie hatte leider keinen Zucker mehr, so entschied sie sich doch mal zum Nachbarn zu gehen und zu fragen ob man etwas Zucker übrig hatte. Wegen Zucker in den Supermarkt fahren wollte sie bei dem Wetter nicht... Sie klingelt.
Erschrocken schaut Linnea Linnea von der Mail, die sie gerade schrieb, auf. Es hatte wirklich geklingelt! Das war ja seit sie hier war noch nie geschehen! Und wer da klingelte konnte nur eine sein ...
rief sie in Richtung Wohnungstür. Dann griff Linnea nach ihrer Gehhilfe, stand auf und klapperte über die Dielen von Küche und Flur zur Tür. Mit dem freundlichsten Guten-Tag-Frau-Olsen-Lächeln öffnete sie die Tür und setzte an zu einem
Linnea stockte. Das war nicht Frau Olsen. Vor ihr stand eine ihr völlig unbekannte Frau in etwa ihrem Alter. Erstaunt sagte sie
Linnea geht aus der Tür und in Richtung Küche. Sich umdrehend meint sie noch
Linnea deutet auf die Küchentür.
Linnea hatte inzwischen die Küche erreicht und den Voratsschrank geöffnet. Sie holte ein Päckchen Zucker heraus.
Linnea deutete auf ihren rechten Fuß
Dann holte sie zwei Tassen und zwei Untertassen aus aus dem Schrank und legte Teebeutel daneben?
Linnea schaute ihre Nachbarin fragend an.
Während Linnea ihr Gegenüber fragend anschaute, brach sie sich selbst ein Klümpchen von der Teeplatte ab und legte es in ihre Tasse. Dann griff sie, immernoch abwartend, in den Küchenschrank und holte eine Zuckerdose samst Löffel heraus.
Linnea schmunzelte.
Linnea stellte den Zucker auf den Tisch.
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